Jens Holzapfel  Photo Art

Fotoserie Dunkler Sommer - Am Hauptbahnhof, Berlin
Dunkler Sommer   Berlin Noir

Dunkler Sommer

Schwarzweiß, kontrastreich und im Grundton düster: das übliche Klischee vom Sommer erfüllen diese Bilder nicht. Stattdessen klingt die Ästhetik des „Film Noir” an.

Dargestellt sind Berliner Stadtlandschaften im Halbdunkel, zu einer Tageszeit, wo das natürliche Licht und das Kunstlicht für kurze Zeit eine Symbiose eingehen. Im Mittelgrund sind Menschen zu sehen, einzeln oder in kleinen Gruppen, die sich ihren Weg durch die städtische Umgebung bahnen. Manche reden miteinander, andere schauen, und wieder andere hängen ihren Gedanken nach. Eine düstere, spannungsgeladene Stadtlandschaft ist die Bühne, auf der die Akteure ihr Leben gestalten.

33 Points of View

Diese Bildserie konstituiert zwei Wahrnehmungs- und Verständnisebenen: vordergründig sind touristische Traumziele abgebildet – Sehnsuchtsorte unserer modernen Welt. Die Landschaften erscheinen merkwürdig unscharf, doch sind sie ohne Weiteres zu identifizieren; der Betrachter hat den einen oder anderen Ort vielleicht schon selbst bereist. Das dahinter stehende Thema ist jedoch die Omnipräsenz digitaler Fotografie und deren Sinnhaftigkeit.

Technisches Verfahren

Jedes einzelne Bild dieser Serie stellt keine herkömmliche Fotografie dar, sondern ist ein digitales „Sandwich” aus jeweils 33 Originalfotos. Diese Originalfotos stammen von Internetplattformen, auf denen eine globale Nutzergemeinde täglich viele Millionen Fotos hochlädt und sich darüber austauscht (z. B. Flickr). Für eine Überlagerung wurden jeweils 33 Fotos recherchiert, die das gleiche Motiv aus der gleichen Perspektive zeigen. Es entsteht eine Gesamtkomposition, bei der jedes der Originalfotos visuell nur eine Nuance beiträgt. Aufgrund unterschiedlicher Bildqualitäten und Lichtstimmungen, leicht abweichender Standpunkte oder Veränderungen im Motiv selbst über die Zeit entstehen in der Zusammenschau Unschärfen und Verzerrungen. Beim genauen Hinsehen offenbaren sich die Details: beispielsweise ist das Motiv „Fuji-san” von schemenhaften Leitungen und Masten durchzogen – charakteristisch für das japanische Straßenbild im Vordergrund.

Motivation

Am Ausgangspunkt für diese Arbeit stand die Frage, inwieweit man bei Fotografien heute noch von individueller Autorenschaft sprechen kann: perfektionierte Geräte für die Aufnahme und Wiedergabe sind jederzeit verfügbar, Kameras erkennen mittlerweile Gesichter und den „richtigen Moment”, und über das Internet findet der Austausch von Bildern in Echtzeit statt. Mit der Ausweitung der technischen Möglichkeiten geht jedoch einher – kontraintuitiv –, dass inhaltliche und formale Stereotype sich mehr und mehr zu verfestigen scheinen. Fotografieren verschiedene Menschen unabhängig voneinander ein Motiv, wirken die Ergebnisse in aller Regel redundant. Die vorliegende Arbeit versucht sich diesen Fragen durch Übersteigerung künstlerisch anzunähern: durch das Überlagern von jeweils 33 Originalfotos wird die Autorenschaft der einzelnen Fotografen aufgehoben und ihr Werk quasi in eine gemeinschaftliche Arbeit überführt. Man erhält undefiniert wirkende Bilder, die konventionellen technischen Anforderungen an Fotografie trotzen. Es sind im wahren Sinn des Wortes Durchschnittsfotos, die kalkuliert fehlerbehaftet sind und dennoch den ästhetischen Sinn ansprechen. Die im Titel ironisch herausgestellten individuellen „Sichtweisen” werden dabei als identisch entlarvt.

Fotoserie 33 Points of View - Golden Temple, Amritsar
33 Points of View   Digitale fotografische Schichtungen
Fotoserie Helden - Trifolium-Pratense (Wiesenklee)
Helden   Kleine Pflanzen in der Stadt
Fotoserie Es bleibt dabei - Ein Familienalbum
Es bleibt dabei   Ein Familienalbum

Es bleibt dabei

Eine Kindheit in Norddeutschland, dokumentiert in verwaisten Fotoalben. Ur-vertraute Bilder, ungezählte Male angesehen.

Mit größerem zeitlichem Abstand kann man die Erlebnisse, Situationen und Beziehungen von damals noch einmal nacherleben und neu bewerten. Man achtet auf Details, die einem früher entgangen sind. Oder man geht so nah an die Bilder heran, dass die Gesichtszüge der Personen verschwimmen.

Wir alle besitzen ein solches Familienalbum oder tragen die Erinnerung daran in uns. Und vermutlich sehen die Familienalben der „anderen” aus der Nähe betrachtet ganz ähnlich aus wie dieses, sehr spezielle …

Helden

Einmal am Tag tut es gut, innezuhalten und etwas sehr Kleines, Unbedeutendes zu würdigen; vielleicht eine Blüte am Straßenrand. Die kleinen Pflanzen scheinen zu wispern: Hier, hier! Ich bin DA! Niemand hat sie gepflanzt – sie pflanzen sich selbst und beanspruchen ganz selbstverständlich einen Platz für sich.

Manchmal höre ich mir genauer an, was sie zu sagen haben. Dann knie ich mich hin und betrachte das Pflänzchen und sein Domizil genauer. Sanft berühre ich die Blüte, spüre den leichten Widerstand der feinen Härchen, ertaste ein grünes Blatt zwischen Daumen und Zeigefinger, verfolge den Weg des Stängels bis hinunter zum Boden. So halte ich einige Augenblicke lang Zwiesprache mit einem anderen Lebewesen. Wir leben in der gleichen Zeit, am gleichen Ort.

Die kleinen Pflanzen, sie sind zäh und müssen sich mit dem zufriedengeben, was sie vorfinden. Manchmal sehe ich in ihnen Abenteurer, die nach ihren eigenen Regeln leben; dann wieder erkenne ich verschrobene Stadtneurotiker. Einige wachsen beengt und asketisch, andere machen sich genießerisch breit. Jede ist auf ihre Art schön, und jede hat ihren besonderen Charakter.

Fotoserie Teheran - Menschen und Stadtlandschaften
Teheran   Menschen und Stadtlandschaften
Fotoserie Parallelwelten - Bösebrücke, Berlin
Parallelwelten   Lochkamera-Panoramen

Teheran

Diese Serie zeigt Landschaften in Teheran und den Alltag seiner Bewohner. Die Aufnahmeorte reihen sich geografisch entlang einer Nord-Süd-Achse auf, vom Elburs-Gebirge im Norden bis hinunter zur wüstenähnlichen Ebene im Süden.

Die Serie gleicht einer „Reise durch die Stadt”, mit einem Beobachter, der dem Geschehen nicht ganz fern ist, aber auch nicht ganz nah kommt. Die Kamera hält einen bestimmten Abstand zu den Akteuren ein – der Stadtraum wird zur Bühne.

Parallelwelten

Diese Aufnahmen entstanden mit einer 360-Grad-Lochkamera auf Mittelformatfilm. Jedes Bild ist ein analoges Unikat, bei dem die Verzerrungen, fließenden Übergänge und andere Artefakte weitgehend vom Zufall bestimmt wurden – ohne jede digitale Bearbeitung.